Something Forever

-Kapitel 3 Teil 3/5 -

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Music makes the world go round

Musik war der Grund und Leitfaden ihrer Zuneigung füreinander im Frühjahr 1969. Beatle Harrison fand die Idee gut, indische Mantra-Gesänge mit elektrischer Begleitung Richtung East-meets-West-Weltmusik zu biegen, um dem von Popmusik verwöhnten Publikum etwas neues Spirituelles zu präsentieren, und um den Krishnamönchen zu helfen, ihrer Botschaft der Gottesliebe auf diese Weise Gehör zu verschaffen.



(George Harrison "Gopala Krishna" bei YouTube)




Mukunda Prabhu erinnerte sich in "Chant and be Happy" (*) an diese Begebenheit im Frühling 1969, als George die Krishna-Devotes in sein Haus am Claremont Drive in Escher einlud, wo er zu ihrem Empfang schon mit Patti ein vegetarisches, sehr leckeres Menü vorbereitet hatte. Nach dem Essen saßen alle zusammen und musizierten, Billy Preston war zu Gast und spielte den erst kürzlich erschienenen Mini-Moog-Synthesizer, George war an der Gitarre, Patti am Tambourin, und die Devotees spielten Mridanga und Zimbeln. Es wurde eine sehr erfreuliche Session und für alle Beteiligte ein gelungener Abend. Der später noch darin gipfelte, dass alle sich in der Küche beteiligten und einen kleinen Nachtsnack kreierten, während George eine Lenny Bruce Scheibe auflegte und gut aufgelegt Witze über die Beatles und ihre unglaubliche Karriere erzählte.

In seinem schönen Büchlein "Here comes the Sun" erzählt Joshua Green von dem Nachmittag, der so vieles in der Popgeschichte verändern würde: "Wir alle saßen auf großen bunten Kissen und unterhielten uns über die schönen Ölgemälde von Hindugottheiten, mit denen die Harrisons ihre Wände geschmückt hatten: ein tanzender Shiva, der elefantenköpfige Ganesh und die Göttin Sarasvati, die auf ihrer Vina spielte. Daneben hingen gerahmte Fotos von Georges Lehrern: der Kriya-Yoga Meister Yogananda, Yoganandas Guru Sri Yukteshwar und der Bhakti-Yoga Meister Bhaktivedanta Swami Prabhupada. George legte einen Nachmittagsraga von Ravi Shankar auf, und alle verfielen in eine heitere Stimmung.

Er erzählte, das er einst bei seiner Reise nach Indien 1966, mit Patti in einem Hausboot wohnten, das auf dem Dal Lake in Kashmir vor Anker lag, dort habe er das Büchlein Raya Yoga von Vivikananda gelesen, das Ravi Shankar mitgebracht hatte. Aus dem Büchlein erfuhr er was Yoga wirklich sei." Wahres Yoga, schrieb Vivikanada, hinge nicht davon ab, ob man Christ, Jude, Buddhist, Atheist oder Theist war. Die Vorzüge des Yoga waren für jedes menschliche Wesen durch tägliche Übungen zugänglich. Versuche, morgens und abends zu üben, riet Vivikananda. Versuche, nichts zu dir zu nehmen, bevor du nicht das morgendliche Yoga absolviert hast.

Und versuche, deinen Sexualtrieb zu kontrollieren. Wenn man ihn im Zaum hält, verwandelt sich sexuelle Energie in Nahrung für das Gehirn. Ohne Keuschheit verliert man an Durchhaltevermögen und geistiger Stärke. Alle Großen im Geiste kennen dieses Geheimnis, schrieb er. Die oberste Regel jedoch lautet : Füge keinem Lebewesen durch Gedanken, Worte und Taten Schmerz zu. "Es gibt keine höhere Tugend als diese" lehrte Vivikanada.

"Mukunda entdeckte ein Harmonium. das man im Sitzen spielt und das mit psychedelischen Blumenmustern bemalt war, öffnete den Deckel und begann, eine Melodie zu spielen. George wählte aus einem Dutzend Gitarren, die auf einem Ständer aufgereiht waren, eine aus und stöpselte das Kabel in einen kleinen Verstärker. "Hier ist ein kleiner Song, an dem ich gerade arbeite" sagte er. "Er ist sehr einfach und heißt, "Something" Er räusperte sich, schlug den ersten Akkord an und arbeitete sich langsam durch das Arrangement, das er am Abend zuvor fertiggestellt hatte. Er blickte auf und sah, wie seine Gäste bewegungslos dasaßen, verzaubert von der Darbietung. Die Gäste saßen schweigend im Zimmer, bewegt von der beredten Einfachheit, die sie gerade vernommen hatten. "Es handelt übrigens von Krishna", sagte George und zwinkerte mit den Augen. "Aber ich konnte nicht ,er' sagen. Ich mußte ,sie' sagen, sonst hätte man ja gedacht, ich sei schwul."






(Shirley Bassey "Something" bei YouTube







George redete ja nicht viel über seine Arbeit, sondern ließ lieber die Musik für sich selbst sprechen. Er hatte allerdings begonnen, in vielen Songs die Liebe einer Seele zu Gott mit der Liebe zwischen Mann und Frau gleichzusetzen, sodass oft schwer zu sagen war, was er meinte. Einmal bemerkte ein Jounalist, dass er nicht erkennen könne, ob George über Krishna oder über eine Frau sang.

"Das ist gut so" entgegnete George. "Das gefällt mir. Ich glaube, die Liebe des Einzelnen ist einfach ein kleiner Teil der universalen Liebe..... Über den lieben Herrn oder über einen anderen Menschen zu singen ist also so gesehen dasselbe. Ich habe das bei einigen Songs ganz bewußt so gemacht.!"

Einige Tage später meldete sich George bei den Devotees und schlug ihnen vor, zu einer ersten Aufnahme-Session in die Trident Studios in der Sankt Annes Allee zu kommen; dieses Studio befand sich mitten im berüchtigten Rotlichtviertel von Soho. George und die Devotees übten nochmals einige temporeiche Sanskrit-Chants ein und verbesserten hier und da die ihrer Meinung nach fehlenden Versatzstücke, übten mit Jamuna Devi immer wieder die stimmlich passenden Melodiewechsel, und George zeigte ihnen oftmals auf dem Harmonium, wie er es sich vorstellte, um dann an der Gitarre die Begleitung zu übernehmen. So gegen Abend waren alle sehr zufrieden, und Syamasundara Prabhu und Sir George kamen überein, dass sie soweit waren, nun die wirklichen Aufnahme-Sessions zu starten, die aber im besseren Abbey Road Studio ablaufen sollten. Am Tage der Aufnahmen im wie immer von Beatles-Fans belagerten Abbey Road Studio trafen zuerst einige Devotees in Georges weißem Mercedes 6oo Pullman auf dem Gelände ein. Eine Gruppe Teenager war völlig aus dem Häuschen und fing an, die Melodie des Hare Krsna Mantra zu singen, das aus dem Rock Musical Hair sehr populär und bekannt war.





(George Harrison "Govindam" bei YouTube)








Der Mantra Trance Mix


Die Abbey Road Studios verwandelten sich an diesem denkwürdigen Tag für kurze Zeit in einen kleinen Hindu-Tempel, es roch überall nach Räucherstäbchen und frischen Blumen. Dann wieder nach leckeren Snacks der fernöstlichen Küche. Alle Mitarbeiter und alle Musiker kamen in den Genuss dieser äußerst bekömmlichen Ayurveda-Tempel-Food-Köstlichkeiten, denn diese im Tempel zu Krishna geopferten Speisen waren alle vegetarisch und hatten einen gesunden, reinigenden und wohlschmeckenden Charakter. George Harrison arbeitete mit Hochdruck an der Veröffentlichung des Albums, welchem eine Single voraus gehen sollte. Das Album und die Gruppe nannte sich Radha Krishna Temple und wurde auch so berühmt mit ihrem Single-Hit "The Hare Krishna Mantra"„ welcher nach Veröffentlichung im Sommer 1969 die Hitparaden stürmte und ein Ausnahme- Weltmusik-Hit wurde, der wochenlang die Top Ten belegte. Nach den Studioaufnahmen, an denen sich ja bekanntlich auch Paul McCartney und Frau Linda am Mischpult begeistert beteiligten, meinte George in weiser Vorausahnung, "die wird bestimmt auch ein Hit", wie recht er damit haben würde, sollte sich erst Wochen nach dem Erscheinen der Single heraus stellen. In Deutschland und der Chech-Slowakei war die Single ein Nummer 1-Hit für mehrere Wochen, und in den übrigen europäischen Ländern stand sie überall in der Top Ten. Der Hare Krsna Mantra eroberte die westlich orientierte Welt, aber auch Indien und Japan, Australien, Mexiko und sogar die USA. Rock-Mantra-Trance-Mix, könnte man sagen, denn es war ja eine kleine musikalische Revolution in gewisser Hinsicht, niemand hatte jemals von solchen Mantras gehört, aber ein Zauber erfasste die Welt; wo immer der Song im Radio lief, waren die Menschen von einer Ahnung ergriffen und irgendwie im Herzen angerührt.

Im Studio angelangt ging Jamuna rum und malte allen Aufnahmetechnikern ein Glückszeichen (tilaka ) auf die Stirn. Malati Mataji entlud einige Körbe voll leckerem Prasadam (vegetarische Speisen, die erst zu Gott geopfert wurden) und reichte allen süße Laddus, Burfis, Samosas und Pakoras, während andere Devotees Bilder von Krishna aufhängten und gut riechende Räucherstäbchen entzündeten. Nun war das Studio für alle gut erkennbar Krishnaisiert worden.

Paul und Linda McCartney waren auch angetan von den Jahrtausende alten Mantras der Mönche und bedienten begeistert die Kontrollinstrumente im Aufnahmeraum. Alle arbeiteten konzentriert, und so wurde in einer Stunde Aufnahmezeit die erste Seite der Single fertig gestellt. George spielte die Orgel und Mukunda eine indische (mridanga-) Trommel. Yamuna Mataji sang den Vordergrund-Part, und Syamasundara begleitete sie, die Stimmen der anderen Devotees wurden von George in einem Chor zusammengefasst und bildeten den Hintergrund. Nach der vierten Aufnahme des Songs waren alle zufrieden, und Malati schlug zum Abschluss einen Gong, der das Ende des Songs darstellte.



(Devotees mit George "Govinda jaya jaya", Radha Krishna Temple Album, bei  YouTube)




Dann nahmen sie Seite zwei auf, George spielte hier den Bass und nahm noch einige Gesangsparts dazu auf. Nach einem Tag im Aufnahmestudio fühlten sich die Devotees, die Aufnahmeingenieure und alle daran Beteiligten sehr gut. George sagte, dies wird bestimmt ein richtiger Hit, da bin ich mir 100 % sicher, und so wurden die alten heiligen Vedischen Mantras mit Beatle-Power ins 20. Jahrhundert katapultiert. Die beiden Beatles George und Paul experimentierten mit den damaligen technischen Möglichkeiten, und heraus kamen Songs voller Liebe, Harmonie und Andacht. Hier trafen sich der Geist des neuen New Age mit der Magie des althergebrachten heiligen Ursprungs, in wunderbarer Symbiose schufen die Beatle-Sound-Magier ein fern-östliches Klangerlebnis der ganz besonderen Art, ein vorweg genommenes Weltmusik-Album, könnte man heute voller Andacht sagen, und wie wahr doch Sir Georges Prophezeiung wurde, ist ja allgemein bekannt. Der Mantra-Song der Beatles übertraf alle Erwartungen und landete umgehend in allen Ländern in der Top Ten, oder gleich auf Platz Eins.!






(*) Quellenangabe für Zitate:




harifan




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