Something Forever


-Kapitel 2 Teil 3/5 -


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Das Treffen

Ein Rückblick, der die Beziehung beider Musiker durch Neil Spencer etwas verdeutlichen und verständlicher machen möchte. Nachdem George Harrison bei David Crosby von den Byrds Weihnachten 65/66 einige Ravi Shankar-Platten gehört hatte, war er ergriffen, und umgehend kaufte er sich einige Platten. Sir George erinnert sich:
"Ja, es sprach mich einfach an, der reine Klang des Instruments und die Musik bewegten mich sehr."

Als Ravi Shankar 1966 nach England kam, war offenbar jedermann darauf aus, die beiden Männer zusammen zu bringen. Doch George Harrison weigerte sich, Ravi Shankar unter Bedingungen zu treffen, die von der Presse diktiert wurden - nach dem Motto "indischer Star trifft mystischen Pilzkopf". Sich als demütiger Schüler einem Meister zu nähern, war auf diese Weise unmöglich. Doch im Londoner "Asian Music Circle" hatte Sir George ein paar Freunde, die diskret sondierten und dann ein Treffen arrangierten. Das Faszinierende an diesem Zusammentreffen ist, es gibt zwei Versionen vom ersten Zusammentreffen der beiden Musiker. George Harrisons Version, es hätte bei einem Essen im Hause von Peter Sellers stattgefunden, einem guten Freund seit frühesten Beatles-Tagen. Peter Sellers, Goons Show Master of extreme humor und Englands prominentester Komödiendarsteller, auch bekannt durch seine Rolle als indischer Doktor, umstellt von der einzigartigen Sophia Loren, mit Goodness Gracious Me im Duett singend. Peter Sellers und Harrison teilten beide auch den selben britischen Humor.



("Help", als Predigt by Peter Sellers, at YouTube)



Ravi Shankars Version, man hätte sich bei einem Treffen im "Asian Music Circle" getroffen. Beim Essen erwähnte Meister Harrison seine neue Komposition "Love You To" Ravi Shankar gegenüber, die er kurz zuvor mit den Mitgliedern des Circle eingespielt hatte. Beide unterhielten sich prächtig, und George Harrison lud Ravi zu sich ein, um mehr von der Sitar und seiner Geschichte zu erfahren. Binnen weniger Tage besuchte er George Harrison in seinem Haus in Esher, gab eine private Vorführung und erklärte ihm das Instrument. Harrison war überwältigt und meinte später:
"Ich wollte damals am liebsten von Zuhause weg, mit einem Einfach-Ticket nach Kalkutta. In diesem Moment hätte ich sogar Patti verlassen, so stark war der Wunsch, Indien und seine Kultur kennen zu lernen!"
Von außen betrachtet, wirkte Sir George's Beziehung zu Shankar wie die eines wohlbehütete westlichen Popstar-Prinzen mit einem asketischen Meister aus dem Osten. Tatsächlich aber hatten die beiden doch wesentlich mehr gemeinsam, als man auf dem ersten Blick vermuten mag. Beide waren die jüngsten Geschwister großer Familien. Als junger Mann hatte Ravi Shankar z.b. ein sehr priviligiertes Leben geführt, eine Mixtur aus Showbusiness, Musik, Kunst und Glamour. Sein älterer Bruder Udai Shankar war ein gefeierter Tänzer und Choreograph, der mit der russischen Ballet-Ikone Anna Pavlova zusammengearbeitet hatte. In den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts begeisterte seine Tanz-Truppe ganz Europa und Amerika.



(Ananda Shankar, Udays Sohn, bei YouTube)



Es war ein Familienunternehmen mit Udays Mutter und zwei erwachsenen Brüdern, die den kleinen Ravi immer im Schlepptau hatten. Seine Teenagerzeit verbrachte er in Paris, er las dort heimlich Comics, die er in den Schulbüchern seines katholischen Internats versteckte. Mittlerweile spielte er auch im Familienbetrieb selbst schon eine tragende Rolle, und nach einer familiären Auseinandersetzung warf Ravi alles hin, um fortan seinem musikalischen Guru zu folgen, dem Sarod-Spieler Ustad Allauddin Khan. Als Sitar-Star des unabhängigen Indien zog er sich in den vierziger und fünfziger Jahren den Unmut der heimischen Klassikszene zu, da er auch Filmmusik komponierte und mit Westlern wie dem Violinisten Yehudi Menuhin und dem Jazzer Bud Shank kooperierte. Seine Verbindung zu George Harrison und das Aufkommen der Rockmusik brachte ihm in Indien viele Feinde ein, andererseits gewann er auch  ein großes, junges Publikum im Westen.

Im Sommer 1967 dann war der indische Bazillus überall. Nicht zuletzt auch wegen "Within You, Without You", das Meister Harrison mit Mitgliedern des Asian Music Circle für Sgt. Pepper aufgenommen hatte. Die meisten Musiker des "Circle" waren Semi-Profis, tagsüber Verkäufer, abends Begleiter der Beatles.Der Song "Within You Without You", ursprünglich auf einem Harmonium komponiert und inspiriert von einem nächtlichen Gespräch Meister Harrisons mit seinem lieben Freund Klaus Voormann, hatte eine schöne Grundmelodie, ein Sargam, ein klassischer indischer Raga, die Sir George täglich zu Übungszwecken spielte. Der Text war warmherzig, beinahe schon eine Predigt auf das neue Zeitalter und auch in mein junges Herz war er tief eingedrungen dieser Song, wie ein heiliges Mantra.


("Within You Without You" bei YouTube)



Und hier schließt sich für alle ein Kreis, ich selbst bin auch erst 1967 erwacht durch den Song "Within You Without You" auf Sgt. Pepper und habe meine Fährte meinen Weg gefunden, langsam, aber im Wissen, hier den richtigen Faden aufgenommen zu haben, eben das Jahr der Erleuchtung! Wie auch immer „ Within You Without You „ das philosophische Kernstück von Sgt. Pepper, stellt eine bemerkenswerte Leistung für jemanden dar, der sich bis dato nur 18 Monate mit den Regeln der klassischen Indischen Musik beschäftigt hatte. Das Intro des Songs zeigt, wie vollständig George Harrison in der Idee des Karma aufging, jenem Hindu-Gesetz also, nach dem die Seele durch ihre Abhängigkeit von materiellen Dingen hartnäckig an die Existenz gebunden ist, und im Umkehrschluß auch erst dann frei werden kann, wenn sie dem Materiellen entsagt. Zwischen dem Song „ Within You Without You „ und „ Living In The Material World" ist das Karma bei Meister Harrison ein ständig wiederkehrendes Motiv. Er integriert den Hinduismus von Anfang an so vollständig in sein Leben, dass er bereits 1966 bei einem Interview mit der „Internationalen Times“ von fast nichts anderem mehr sprach. Gott war Realität geworden für ihn.

In "I Me Mine" erklärte George Harrison den Erfolg der Beatles zum Ergebnis göttlicher Inspiration. Als er mit Hunter Davis sprach, der gerade die erste und letzte offizielle Beatles-Biographie verfasste, erinnerte er sich an das kleine Büchlein, das ihm der Fahrad fahrende Safran Swami beim Dreh von "Help" in die Hand gedrückt hatte :
„Ich weiß jetzt, dass es Teil einer Vorsehung war. Alles folgt diesem Weg, auch wir. Wir wurden zu John, Paul, George und Ringo, weil wir dem Weg folgten, er wurde uns präsentiert wie auf einem silbernen Teller. Letzten Endes ernten wir auch nur das, was wir gesät haben. Ich sage dir was, und es ist die reine Wahrheit. Sobald du einmal an dem Punkt angekommen bist, an dem du die Dinge der Wahrheit zuliebe tust, kann dich niemand mehr wirklich verletzen, denn dann befindest du dich in Harmonie mit einer wesentlich größeren Macht, und die hält ihre schützende Hand über all dein Schaffen und all dein Tun!"

(Ravi Shankar "Tana mana" bei YouTube)







harifan


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